In den vergangenen Jahren ist es immer populärer geworden Bäume für das Klima zu pflanzen.
Sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen und einzelne Regierungen1 nutzen das Potential von Bäumen, um ihre CO2-Fußabdruck zu verringern und dem Klima etwas Gutes zu tun. Auch in Deutschland liegen Baumpflanzungen im Trend2.
Baumpflanzungen helfen uns und unserem Klima
Bäume speichern den Kohlenstoff aus der Luft, um zu wachsen (das C in CO2; auch Photosynthese genannt) und geben Sauerstoff (O2) wieder an die Umgebung ab. Sie sorgen also mit dafür, dass wir saubere Luft zum Atmen haben, wenn wir sonntags durch den Wald joggen. Darüber hinaus spenden sie Schatten im Sommer und tragen dazu bei, dass sich unsere Städte nicht so schnell aufheizen; sie binden Luftschadstoffe (u.a. Staub) und bringen auch unsere Seele wieder ins Gleichgewicht3.
Bäume als Verbündete im Klimaschutz
Viele Menschen sehen darüber hinaus das große Potential von Bäumen, wenn es darum geht, die von Regierungen gesteckten Klimaziele zu erreichen und das CO2 aus unserer Atmosphäre zu binden. Denn das sorgt unter anderem dafür, dass sich unser Planet aufheizt. Auch Deutschland hat sich das Ziel gesteckt bis 2030 65 Prozent seiner CO2-Emissionen einzusparen (im Vergleich zu 1990) und bis 2045 klimaneutral zu sein4 (net zero emissions).
Wichtig ist an dieser Stelle: bis 2045 klimaneutral zu sein bedeutet nicht, dass in Deutschland zu dem Zeitpunkt kein CO2 mehr ausgestoßen wird. Es bedeutet lediglich, dass alles was dann noch an Kohlendioxid in der Atmosphäre landet, an anderer Stelle wieder eingespart wird bzw. werden muss (z.B. durch Baumpflanzungen, auch in anderen Ländern).
Auf welchen Flächen werden Bäume gepflanzt?
Eine Frage, die in diesem Kontext weitaus seltener gestellt wird, ist die Frage nach der Fläche. Woher kommt die riesige Fläche an Land, die wir benötigten, um all diese Bäume zu pflanzen?
Eine Frage, die sich auch die Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam5 gestellt hat. In einer Studie vom August 2021 wurden die Auswirkungen der Net-Zero-Klimaziele (also dem Ziel von Regierungen weltweit klimaneutral zu werden) auf die Land- und Lebensmittelsicherheit insbesondere in einkommensschwachen Ländern dargestellt.
Fazit: „The problem is this removal of carbon either relies on virtually unproven new technologies, or on a level of land use that is completely impossible and would lead to mass hunger and displacement of people across the world.“ (Oxfam 2021)6
Heißt: Wenn sämtliche Regierungen (und Unternehmen sowie Investor:innen wie BlackRock), die sich bislang für eine Klimaneutralität ausgesprochen und diese in Klimaschutzprogrammen und Statements festgehalten haben, diese auch zum geplanten Zeitpunkt erreichen möchten, basiert der Erfolg dieses Ziels entweder auf
- unbewiesenen (teilweise noch nicht erfundenen) neuen Technologien oder auf
- einem noch nie dagewesenen Level an Landnutzung (u.a. für Baumpflanzungen), welches zu Hungersnöten und der Vertreibung von Menschen aus ihren Heimatregionen führt.
Das heißt auch: falsch durchgeführter Klimaschutz wird zur Fluchtursache (und ist es bereits)7.
Ein Rechenbeispiel (Schätzung) von Oxfam zeigt, dass eine Fläche anderthalbfach so groß wie die von Deutschland8 benötigt werden würde, um die geplanten Emissionseinsparungen der vier führenden Energieunternehmen (Shell, TotalEnergies, Eni, BP) wieder zu binden: über 56 Millionen Hektar9. Und das sind nur vier Unternehmen von Millionen Unternehmen weltweit.
Baumpflanzungen vs. Lebensmittelproduktion
Auch in Industrienationen werden Bäume gepflanzt, doch die Flächen reichen längst nicht aus, um den theoretischen Bedarf an Bäumen als Kohlenstoffspeicher zu decken, um die vielfach angestrebte Klimaneutralität zu erreichen. Somit wird immer wieder auf einkommensschwache Länder ausgewichen.
Das ist nicht per se schlecht, wenn Baumpflanzungen reguliert ablaufen würden; auf Flächen, die sowieso aufgeforstet werden müssen, sowie mit Blick auf die Bedürfnisse und unter Einbezug der regionalen Bevölkerung; mit innovativen Methoden, wie u.a. Agroforestry – eco meets social.
Nicht-nachhaltige Baumpflanzungen führen jedoch dazu, dass Flächen auf denen eigentlich Lebensmittel angebaut werden könnten, und sollten, für Baumpflanzungen verwendet werden. Somit steht weniger Fläche für einen gleichbleibenden und ggf. sogar steigenden Bedarf an Lebensmitteln zur Verfügung. Dazu kommt das Ungleichgewicht in der globalen Verteilung. Die Lebensmittelpreise steigen an und viele Menschen können sich jetzt schon keine Lebensmittel mehr leisten. Sie hungern und stehen irgendwann vor der Entscheidung: Sterben oder Weggehen.
Wir müssen unsere Emissionen vor Ort reduzieren
Mit unserem derzeitigen Verhalten zwingen wir Menschen immer wieder zu dieser Entscheidung, um sie dann an unseren Grenzen abzuweisen. Deshalb ist es dringend notwendig, dass wir uns jetzt darauf konzentrieren Emissionen überhaupt am Entstehen zu hindern und die nachfolgende Kettenreaktion stoppen. Denn: Nur keine Emissionen sind gute Emissionen.
Um Klimaneutralität zu erreichen – schnell, langfristig und vor allem gerecht für alle – ist es wichtig, dass wir uns jetzt auf den Weg machen. Wir müssen das Rad nicht einmal neu erfinden: Es gibt innovative Technologien im Mobilitätssektor und bei den Erneuerbaren Energien; smarte Strompeicher- und Energiesysteme; Wasseraufbereitungsanlagen für den Hausgebrauch, ressourcenschonende Produktionsprozesse; Recyclinganlagen – you name it.
Und am Ende können wir immer noch Verzicht üben. Das ist auch ressourcenschonend.
Wir müssen es nur endlich mal ernst meinen mit dem Klimaschutz (wobei eigentlich Menschenschutz angebrachter wäre).
Zu spät ist es erst, wenn man weiß, wie es anders geht und dann immer noch nichts macht.
Wir merken uns: Baumpflanzungen sind nicht das Allheilmittel gegen den Klimawandel
Sie sind ein Teil der Lösung. Viel wichtiger ist es, dass wir es schaffen unsere CO2-Emissionen generell zu reduzieren. Klimafreundliche und ressourcenschonende Verfahren in der Produktion, in der Mobilität und im privaten Konsum der Menschen sind wichtige und richtige Wege, um unsere Klimaziele zu erreichen und um Menschen zu schützen.
Wie sinnvolle und vertrauenswürdige Klimaschutzprojekte für die Kompensation von CO2-Emissionen ausgewählt werden können, haben wir in unserem Artikel „CO2-Kompensation – Die Wahl der richtigen Klimaschutzprojekte“ zusammengefasst.
Klimaschutz mit Kosmogrün
Wenn ihr Unterstützung auf diesem Weg benötigt, dann zögert nicht uns zu kontaktieren. Wir helfen euch gerne mit unseren Beratungsangeboten in Sachen Klimaschutz, CO2-Reduktion und Energieeffizienz. Dazu gehört auch die Erstellung von CO2-Bilanzen, Klimaschutz-Kommunikation, Office Farming und teambildenden Maßnahmen für Mitarbeitende.

Quellen
1 FAZ (2021): 20 Milliarden gepflanzte Bäume bis 2022, unter: https://www.faz.net/aktuell/wissen/erde-klima/aethiopien-will-20-milliarden-baeume-bis-2022-pflanzen-17354779.html [Stand: 26.11.2021]
2 Wittl, Wolfgang (2019): Söder will 20 Millionen Bäume pflanzen lasse, in: Süddeutsche Zeitung, unter: https://www.sueddeutsche.de/bayern/bayern-klimaschutz-baeume-soeder-1.4518938 [Stand: 26.11.2021]
3 Rosenkranz, Phoebe (2020): Wie funktioniert ein Baum?, in: planet wissen, unter: https://www.planet-wissen.de/natur/pflanzen/baeume/pwiewiefunktionierteinbaum100.html [Stand: 26.11.2021]
4 Bundesregierung: Generationenvertrag für das Klima, unter: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/klimaschutzgesetz-2021-1913672 [Stand: 26.11.2021]
5 Oxfam, unter: https://www.oxfam.de/
6 Oxfam (2021): Tightening the Net. Net zero climate targets – implications for land and food equity. Executive summary, unter: https://policy-practice.oxfam.org/resources/tightening-the-net-net-zero-climate-targets-implications-for-land-and-food-equ-621205/
7 UNO-Flüchtlingshilfe: Was hat der Klimawandel mit Flucht zu tun?, unter: https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/informieren/fluchtursachen/klimawandel [Stand: 26.11.2021]
8 DeStatis: Flächennutzung, unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Landwirtschaft-Forstwirtschaft-Fischerei/Flaechennutzung/_inhalt.html [Stand: 26.11.2021]
9 Harvey, Fiona (2021): Reforestation hopes threaten global food security, Oxfam warns, unter: https://www.theguardian.com/environment/2021/aug/03/reforestation-hopes-threaten-global-food-security-oxfam-warns?CMP=Share_iOSApp_Other [Stand: 26.11.2021]