Die Kompensation von CO2-Emissionen durch die finanzielle Unterstützung von Klimaschutzprojekten steht immer mal wieder in der Kritik. In unserem Beitrag „Was ist dran an der Klimaneutralität-Kritik“ sind wir bereits auf viele Punkte eingegangen. Ein kürzlich in der ZEIT veröffentlichter Artikel hat dafür gesorgt, dass das System erneut hinterfragt wurde – zurecht. Warum wir CO2-Kompensation und Klimaneutralität – wenn sie richtig gemacht werden – dennoch für einen sinnvollen Beitrag zum Klimaschutz halten, möchten wir hiermit erläutern.
Wie funktionieren CO2-Kompensation und Klimaneutralität?
Das Prinzip der CO2-Kompensation funktioniert so: Verursachte CO2-Emissionen – sei es durch unternehmerisches Handeln oder durch Privatpersonen (z.B. durch eine Flugreise) – werden durch Ausgleichszahlungen an Klimaschutzprojekte ausgeglichen. So werden die Emissionen an anderer Stelle eingespart. Um zu wissen, wie viele Tonnen CO2 in einem Klimaschutzprojekt eingespart werden können, muss das Klimaschutzpotential entsprechender Projekte berechnet werden – also, wie viele Tonnen CO2 durch das Pflanzen von Bäumen im Regenwald gebunden oder durch das Errichten einer Windkraftanlage in Indien eingespart werden. Die potentielle Menge an eingesparten Emissionen wird in Zertifikate umgerechnet, welche wiederum zu einem festgelegten Preis an Verursacher:innen von CO2-Emissionen verkauft werden.
Klimaschutzprojekte – ist Waldschutz der richtige Weg?
Klimaschutzprojekte zur Generierung von CO2-Zertifikaten stehen immer wieder in der Kritik: Bäume, die nie gepflanzt wurden, zweifelhafte Strukturen, mangelnde Expertise – dies wurde zum Beispiel der Organisation Plant for the Planet vorgeworfen. Fakt ist auch, dass ein neu gepflanzter Baum erstmal mehrere Jahrzehnte lang wachsen muss, bis er groß genug ist, relevante Mengen CO2 speichern zu können.
Aber nicht nur Baumpflanzungen werden kritisiert. Auch der Schutz von bestehenden Waldflächen im Rahmen der CO2-Kompensation wird in vielen Fällen als problematisch bewertet.
Keine Frage, der Schutz von Wäldern ist wichtig und dringend notwendig. Daraus allerdings CO2-Zertifikate zu ermitteln ist laut umfangreicher Recherchen der ZEIT fragwürdig.
Wie zuvor bereits erläutert, muss für die Erstellung von CO2-Zertifikaten das Klimaschutzpotential, also die Menge potentiell eingesparter Emissionen, für entsprechende Projekte berechnet werden. Und genau an dieser Stelle werden Organisationen kritisiert, die Zertifikate aus Waldschutzprojekten generieren. In der Kritik stehen dabei Projekte, bei denen CO2 eingespart wird, indem z.B. ein Stück Regenwald vor einer geplanten Abholzung geschützt wird.
Achtung: Es geht hier also um den Schutz bestehender Wälder, nicht um Neupflanzungen von Bäumen auf degradierten Flächen.
Warum ist das kritisch?
- Es ist schwierig nachzuweisen, dass das Waldstück wirklich abgeholzt werden soll und es ist leicht, Abholzungsvorhaben zu konstruieren, um daraus Klimaschutzprojekte zu machen. Wie viel CO2 durch solche Projekte tatsächlich eingespart wird, lässt sich also nicht mit Sicherheit feststellen – im schlimmsten Falle liegt das Einsparpotential bei Null, wenn der Wald gar nicht hätte abgeholzt werden sollen.
- Projekte tendieren dazu, ihr Kompensationspotential überzubewerten und geben an, wesentlich mehr CO2-Emissionen einzusparen, als tatsächlich überhaupt in entsprechenden Waldstücken möglich ist.
Beides führt dazu, dass bereits Millionen CO2-Zertifikate verkauft wurden und werden, die es eigentlich nie hätte geben dürfen – und Millionen Tonnen CO2 so nicht kompensiert wurden. Basieren die kommunizierte Klimaneutralität von Unternehmen auf eben jenen Zertifikaten, ist dies nicht nur höchst problematisch, sondern wirft auch schlechtes Licht auf andere Kompensationsprojekte.
Wald zu schützen, ist ohne Frage essenziell für den Klimaschutz und sollte forciert werden. Doch dies in Klimaschutzpotenziale umzurechnen, um Zertifikate zur Erlangung von Klimaneutralität zu verkaufen, sehen wir nicht als richtigen Weg.
Klimaneutralität, aber richtig – Wahl vertrauenswürdiger Projekte
Wir von Kosmogrün bieten im Anschluss an eine CO2-Bilanzierung ebenfalls die CO2-Kompensation und die Zertifizierung als klimaneutral an, denn wir sind davon überzeugt, dass dies in Verbindung mit einer Reduktion von Emissionen einen sinnvollen und notwendigen Beitrag zum Klimaschutz darstellt.
Bei der Auswahl von Klimaschutzprojekten müssen wir uns die Projekte genau anschauen und ihre Sinnhaftigkeit hinterfragen und – gerade bei internationalen Projekten – auf Standards verlassen. Dabei ist die Wahl des Standards entscheidend, damit nicht eben jene fragwürdigen Waldschutzprojekte in der Auswahl auftauchen.
Bei Kosmogrün wickeln wir die Kompensation daher über den Gold Standard oder wahlweise über den Verein Compensators e.V. ab. Projekte, die durch den Gold Standard zertifiziert sind, unterliegen strengen Kriterien und Transparenzanforderungen. Der Gold Standard bietet keine Projekte an, die sich die Erhaltung von Waldschutzgebieten zum Ziel gesetzt haben. Stattdessen umfasst das Sortiment Projekte zur Förderung von Erneuerbaren Energien, Community-Projekte zur Energieeinsparung oder Baumpflanz-Projekte, bei denen Wälder aufgeforstet – oft auch in Verbindung mit einer landwirtschaftlichen Produktion im Sinne eines Agroforsts (sehr sinnvoll!). Darüber hinaus leisten Gold Standard-Projekte nicht nur einen Beitrag zum Klimaschutz, indem sie CO2e reduzieren, sondern zusätzlich noch zu mindestens einem der 17 globalen Nachhaltigkeitszielen (SDGs) beitragen. So wird nicht nur das Klima geschützt, sondern z.B. auch noch für sauberes Trinkwasser gesorgt (Ziel 6) und Geschlechtergleichheit unterstützt (Ziel 5).
Bei der Kompensation über Compensators werden keine Ausgleichszahlungen an Klimaschutzprojekte getätigt, sondern Emissionszertifikate des EU-Emissionshandels aufgekauft, die der Industrie zur Verfügung gestellt werden. So wird das Kontingent an Zertifikaten verringert, der Preis pro Tonne CO2 in die Höhe getrieben und das Verursachen von Emissionen immer teurer. Hier wird also nicht für eine CO2-Einsparung über Klimaschutzprojekte gesorgt, sondern die Verursachung von CO2-Emissionen für die Industrie verteuert, sodass diese zur Reduktion genötigt werden.
Fazit
Werden durch die Ausgleichzahlungen sinnvolle Klimaschutzprojekte mit messbarem Erfolg unterstützt und wird die Kompensation verknüpft mit einer Reduktion von CO2-Emissionen sowie einer ganzheitlichen und glaubwürdigen Nachhaltigkeitsstrategie, ist die Kompensation von CO2-Emissionen also durchaus ein sinnvoller Beitrag zum Klimaschutz.
