Klimaneutralität ist in aller Munde. Unter anderem, weil die EU hat im Jahr 2019 beschlossen hat, dass ihre 27 Mitgliedsstaaten als Vorreiter vorangehen und bis 2050 klimaneutral werden sollen – so steht es auch im Europäischen Klimagesetz.

Dieses soll nun mit Hilfe des EU Green Deals umgesetzt werden. Im Fokus steht dabei die Senkung der Treibhausgasemissionen um 55 % bis 2030 (im Vergleich zu 1990). Um dieses Ziel zu erreichen, muss ein Wandel in vielen Bereichen der Wirtschaft und des alltäglichen Lebens stattfinden.

Der Grüne Deal der EU

Treibhausgasemissionen spielen dabei die wichtigste Rolle. Im Jahr 2021 lagen die europaweiten Emissionen mit 3.471,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente um 29 % unter dem Wert aus dem Vergleichsjahr 1990 (4.867,0 Mio. t CO2e). Um jedoch das Ziel der 55 % bis 2030 zu erreichen, muss nun innerhalb von sieben Jahren ein ähnlich großer Anteil an Emissionen eingespart werden. Deutschland liegt dabei mit einer Minderung von -39,2 % (im Vergleich zu 1990) im guten Mittelfeld. Besser machen es u.a. Estland ( -68,7 %) oder auch die Slowakei (- 45,5 %)1.

Um ihre Treibhausgasminderungsziele zu erreichen hat die EU sektorspezifische Ziele definiert. Der größte Hebel finde sich im Energiesektor. Dieser macht insgesamt drei Viertel der EU-weiten Emissionen aus, vor allem durch hohe Verbräuche im Verkehr, der Industrie und in den privaten Haushalten. Deshalb soll der Energiesektor nach und nach dekarbonisiert werden. Das heißt sowohl mehr Erneuerbare Energien als auch die Verbesserung der Energieeffizienz2.

Darüber hinaus beschäftigt sich der Green Deal auch mit anderen Bereichen der Wirtschaft. Zum Beispiel soll die Kreislaufwirtschaft in der EU vorangetrieben werden. Dabei sollen nachhaltige Produkte zur Norm werden und das Recycling in allen Branchen, vor allem in der Elektronik (Batterien oder Fahrzeuge) und der Verpackungsindustrie, vorangetrieben werden. Neben positiven Entwicklungen in der Umwelt, verspricht sich die EU dadurch auch ein grünes Wachstum des BIPs und neue Arbeitsplätze3

Zusätzlich wurde ein ausgeklügeltes System zum CO2e-Zertifikatshandel aufgebaut: das Europäische Emissionshandelssystem (EU-ETS). Das Ganze ist ein wenig komplexer und wird in einem separaten Abschnitt erklärt, denn dazu gibt es auch brandaktuelle Neuerungen.

Was brauchen wir auf dem Weg bis 2030?

Um fit für 55 % zu werden wurde die gleichnamige Gesetzgebung verabschiedet: das Fit for 55-Paket. Dieses enthält neue Anforderungen für die Mitgliedsländer. Im Rahmen der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie soll der Anteil an Erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch bis 2030 auf mindestens 42,5 % ansteigen. Dafür soll in so genannten „Vorrangsgebieten“ der Ausbau von Wind- und Solarkraftwerken durch beschleunigte Genehmigungsverfahren schneller vorangehen. Auch Wärmepumpen sollen durch ein beschleunigtes Verfahren schneller genehmigt werden können.

Eine weitere Änderung in der Energieeffizienz-Richtlinie besagt, dass der Endenergieverbrauch bis 2030 um 11,7 % sinken soll (im Vergleich zu 2020). Das heißt auch, dass wir effizienter mit unserer Energie umgehen müssen, wie zum Beispiel im Gebäudesektor. Neben dem Energiesektor gibt es auch Neuerungen beim Verkehr: ab 2035 dürfen keine Fahrzeuge mehr zugelassen werden, die Emissionen ausstoßen.

Da dies alles viel Arbeit ist und Anpassungen auf jeder Ebene mit sich bringt, hat die EU mehrere Tools ausgearbeitet, um die von ihr festgelegten Ziele zu erreichen4.

Handel mit Emissionen – verbesserte Wettbewerbsfähigkeit durch CO2-Grenzausgleichssystem

Die EU hat bestimmte Vorstellungen davon, wie viele Treibhausgasemissionen innerhalb ihrer Grenzen ausgestoßen werden dürfen. Diese Obergrenze an Emissionen nennt man das Cap.

Zu Einhaltung des Cap und zur Umsetzung des internationalen Klimaschutzabkommens von Kyoto wurde 2005 das Europäische Emissionshandelssystem (EU-ETS) eingeführt. Der Handel mit Emissionen findet über den Kauf und Verkauf von sogenannten EU-ETS-Zertifikaten im Rahmen des  EU-ETS statt. Diese Zertifikate gelten als Berechtigung eine gewisse Menge an Emissionen ausstoßen zu dürfen. Mit einem EU-ETS-Zertifikat darf ein Unternehmen eine Tonne CO2-Äquivalent ausstoßen. Insgesamt werden im EU-ETS die Emissionen von europaweit rund 10.000 Anlagen der Energiewirtschaft und der energieintensiven Industrie erfasst.

Das EU-ETS funktioniert nach dem Prinzip des sogenannten Cap & Trade. Zunächst wird eine Obergrenze (Cap) festgelegt, über die Menge an Emissionen, die von den emissionspflichtigen Anlagen ausgestoßen werden dürfen. Die europäischen Mitgliedsländer erhalten im Anschluss von der EU eine definierte Anzahl Zertifikaten, welche diese wiederum an die Anlagen (Unternehmen) weiterleiten. Dies geschieht nur zum Teil kostenlos, größtenteils werden die Zertifikate auf einer Plattform versteigert. Die beteiligten Unternehmen schaffen sich dann so viele Zertifikate an, wie sie für ihren Verbrauch benötigen. Hat ein Unternehmen am Ende des Jahres zu viele Zertifikate, da es Emissionen einsparen konnte, kann es diese wieder auf den Markt werfen und, aufgrund der bestehenden Knappheit, mit Gewinn an ein anderes Unternehmen verkaufen, das mehr verbraucht als erwartet (Trade). Deshalb wird das EU-ETS auch als Cap (Obergrenze) und Trade (Handel) System bezeichnet. Der Preis bildet sich dann durch Angebot und Nachfrage und ist in der Vergangenheit immer stärker gestiegen – auch durch künstliche Verknappung seitens der EU.

Nun gibt es seit Kurzem eine spannende Neuerung im Bereich des Emissionshandels. Seit Einführung des Systems hatte die EU mit Carbon Leakage zu kämpfen. Es handelt sich dabei um den Fall, bei dem ein Unternehmen die Produktion ins Ausland verlagert, da es dort weniger für Umweltschäden und Emissionen zahlen muss. Um das zu vermeiden, hat die EU in der Vergangenheit in Bereichen mit hoher Carbon Leakage Gefahr größtenteils kostenlose Zertifikate verteilt, um die Wettbewerbsfähigkeit mit dem Ausland aufrecht erhalten zu können5. Doch zum 01. Oktober 2023 wurde ein neues Tool eingeführt: ein CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM). Dabei wird ein CO2-Preis auf importierte Waren erhoben. Somit findet die gleiche Preissteigerung statt, wie bei der Produktion im EU-Inland. Mit der schrittweisen Einführung des CBAM laufen die kostenlosen Zertifikate im EU-ETS aus, sodass bald alle Unternehmen für ihre ausgestoßenen Emissionen zahlen müssen. Wenn Sie ein Unternehmen in einem energieintensiven Sektor haben, ist Ihnen das Handelssystem sicher schon bekannt. Doch auch als Verbraucher:innen spüren wir die steigenden Preise für umweltschädliche Produkte – und das wird in Zukunft noch stärker werden6.

Der Traum der Netto-Null-Industrie

Vielleicht benötigen wir bis 2050 kein Emissionshandelssystem mehr, so der Plan der EU. Dabei soll vor allem die Industrie einen starken Wandel durchleben. In Zukunft sollen so genannte Schlüsseltechnologien noch stärker gefördert werden. Dazu zählen beispielweise sowohl Solar-, Wind- und Geothermie-Kraftwerke als auch Brennstoffzellen, Batterien und Technologien zur Speicherung von CO2. Der CleanTech-Markt soll damit in Europa unterstützt werden, sodass wir bis 2030 mindestens 40 % unseres CleanTech-Bedarfs selbst decken können. Europa soll weiterhin ein wichtiger Produktionsstandort bleiben, was im Plan des Green Deals deutlich wird7.

Die EU hat sich viel vorgenommen, jedoch bleibt ihr in Zeiten des Klimawandels kaum eine andere Wahl. Durch den Green Deal wurde eine Grundlage geschaffen, auf der kontinuierlich aufgebaut werden kann. Somit rückt das Ziel der Null-Emissionen-Wirtschaft immer näher.

Wir von Kosmogrün können Ihr Unternehmen im grünen Wandel unterstützen. Mit unseren Treibhausgasbilanzen können Sie ganz einfach Ihre wichtigsten Stellschrauben zur Emissionsreduktion identifizieren. Gleichzeitig bieten wir mit unserer Energieberatung eine Unterstützung zur Erreichung der Energieeffizienz-Richtlinie. Kontaktieren Sie uns gerne, wenn Sie Teil des Wandels sein wollen.

Green Deal: Die EU will klimaneutral werden – und das bis 2050
Bildquelle: Pixabay, von NoName_13

Quellen:

1 Umweltbundesamt: Treibhausgasemissionen in der europäischen Union, unter: https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/treibhausgas-emissionen-in-der-europaeischen-union#hauptverursacher [Stand: 02.11.2023]

2 DeStatis: Europäischer Green Deal: Klimaneutralität bis 2050, unter: https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/GreenDeal/_inhalt.html# [Stand: 02.11.2023]

3 Europäische Kommission: Änderung unserer Produktions- und Verbrauchsmuster: neuer Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft ebnet Weg zu klimaneutraler und wettbewerbsfähiger Wirtschaft mit mündigen Verbrauchern, unter:  https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_20_420  [Stand: 02.11.2023]

4 Bundesregierung: EU-Klimaschutzpaket: Fit For 55 , unter:  https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/europa/fit-for-55-eu-1942402 [Stand: 02.11.2023]

5 Umweltbundesamt: Der Europäische Emissionshandel , unter:  https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/der-europaeische-emissionshandel#teilnehmer-prinzip-und-umsetzung-des-europaischen-emissionshandels [Stand: 02.11.2023]

6 Bundesregierung: EU-Klimaschutzpaket: Fit For 55 , unter:  https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/europa/fit-for-55-eu-1942402 [Stand: 02.11.2023]

7 Europäische Kommission: Netto-Null-Industrie-Gesetz, unter: https://commission.europa.eu/strategy-and-policy/priorities-2019-2024/european-green-deal/green-deal-industrial-plan/net-zero-industry-act_de [Stand: 02.11.2023]

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