Heute ist Equal Pay Day.
Am heutigen Equal Pay Day steht das Thema der gerechten Bezahlung in der Wirtschaftswelt im Mittelpunkt. Leider ist es nämlich so, dass Lohngerechtigkeit immer noch nicht so richtig in unserer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Mitte angekommen ist.
Auf der Webseite des Equal Pay Day, einer Initiative von Business and Professional Women, findet ihr wichtige Hintergrundinformationen und Mitmach-Aktionen zum Thema Lohngerechtigkeit in Deutschland.
Ein paar Hintergrundinfos:
- Horizontale Segregation: Frauen und Männer ergreifen unterschiedliche Berufe. Frauen finden sich eher in personenbezogenen und sozialen Dienstleistungen wieder, z.B. als Pflegekraft oder Erzieherin. Hier gelten geringe Verdienstmöglichkeiten genauso wie geringe Aufstiegs- und Entwicklungschancen. Männer hingegen ergreifen Berufe mit überdurchschnittlichem Verdienst und guten Karrierechancen. Die Berufswahl hängt immer noch mit Rollenstereotypen zusammen („Du kannst als Frau halt einfach viel besser mit Menschen.“).
2. Vertikale Segregation: Der Anteil von Frauen in Führungs- und Leitungspositionen ist immer noch gering.
3. Familienbedingte Unterbrechungen: Es sind Frauen, die ihre Karriere häufiger und länger unterbrechen oder reduzieren, um sich um Familie zu kümmern oder nahe Angehörige zu pflegen. Diese Fehlzeiten schlagen sich in Einbußen bei der Lohnentwicklung nieder und somit auch in der späteren Rentenhöhe. Dies kann dazu führen, dass sich Frauen stärker in soziale Abhängigkeiten begeben oder diesen schwieriger entfliehen können, z.B. in Partnerschaften
4. Geschlechterstereotype beeinflussen Arbeitsbewertung: Berufe, in denen vorwiegend Frauen arbeiten sind nach wie vor unterbewertet. Eine Aufwertung dieser Berufe bedeutet nicht nur mehr Sichtbarkeit und Anerkennung für frauendominierte Berufe zu schaffen, sondern darüber hinaus auch die Forderungen nach besserer Bezahlung sichtbar zu machen.
5. Fehlende Gehaltstransparenz: Ein Angleichen der Gehälter setzt Transparenz voraus, um Gehaltsunterschiede sichtbar zu machen.
In diesem Jahr geht es beim Equal Pay Gap um die gerechte Bezahlung in der digitalen Arbeitswelt. Denn diese gestalten nach wie vor hauptsächlich Männer: 80 % aller Software-Entwickelnden ist männlich, 90 % aller StartUps im Bereich Digitalisierung werden von Männern gegründet1.
Das heißt: Männer gestalten Digitalisierung und Digitalisierung gestaltet mittlerweile beinahe jeden Bereich unseres gesellschaftlichen Lebens.
Männer, Algorithmen und unconscious bias
Es soll immer mehr digitale Lösungen geben, die als Grundlage für eine unparteiische gerechte Bezahlung dienen sollen. Diese Softwareprogramme und Algorithmen sind so programmiert, dass sie nach gewissen Merkmalen suchen aufgrund derer sie ihre Entscheidungen treffen. Beispiel: Eine Person bewirbt sich auf eine Jobausschreibung als Informatiker:in. Die Bewerbung dieser Person wird anschließen in ein Computerprogramm eingegeben. Dieses Computerprogramm soll dann anhand diverser Datensätze, mit denen es gefüttert wurde, entscheiden, ob die Person für den Job geeignet ist oder nicht. Nun passiert es immer wieder, dass trotz gleicher Qualifikationen und Lebensläufe Männer von diesen Programmen bevorzugt werden?
Warum können Algorithmen voreingenommen sein?
Algorithmen und Softwareprogramme werden im Rahmen des sog. „Machine Learning“ mit Datensätzen gefüttert. Woher diese Datensätze stammen, ist nicht immer gut dokumentiert. Es passiert also immer wieder, dass diese Datensätze in sich schon diskriminierend sind. Das heißt: Der oben erwähnte Algorithmus zur Personalauswahl wurde mit Datensätzen gefüttert, in denen die Mehrheit der Personen, die einen Job als Informatiker:in bekommen haben, Männer waren – trotz gleicher Qualifikationen und beruflicher Werdegänge der Bewerber:innen. Diese Entscheidungen wurden durch Menschen getroffen und sind somit aller Voraussicht nach unbewusst Voreingenommen „unconscious biased“2. Der Algorithmus lernt nun jedoch aufgrund dieser Datensätze, dass die Mehrheit der positiv entschiedenen Bewerbungen für den Jobtitel „Informatiker:in“ Männer waren und speichert dies ab. Soll er nun im Nachgang eine Entscheidung über eine:n Kandidat:in treffen, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass ein Mann den Posten bekommt.
Ähnlich ist es auch bei Algorithmen zur Gehaltsfestlegung. Wenn die Daten, mit denen der Algorithmus gefüttert wurde, aussagen, dass Frauen in Managementpositionen generell weniger als Männer in den gleichen Positionen verdienen, dann wird er auch dementsprechend entscheiden und die Gehaltsempfehlung wird für eine Frau geringer ausfallen als für einen Mann. Das ist programmierte Diskriminierung.
Und was lässt sich dagegen tun?
Erst wenn die Datensätze, mit denen unsere smarten Maschinen gefüttert werden, nicht mehr einem „unconscious bias“ unterliegen, werden sie auch gerechte Entscheidungen treffen können. Gerecht für alle. Es bedarf also mehr Aufklärung über die verwendeten Datensätze, Transparenz und eine stärkere Wahrnehmung dieses Problems in der Öffentlichkeit.
Dazu sind Tage wie der Equal Pay Gap wichtig.
Und noch viel wichtiger: Wir brauchen mehr Diversität in der IT!
Weitere Informationen findet ihr auch auf der Webseite des Statistischen Bundesamtes und im Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland.

Visioärin und IT-Pionierin Ada Lovelace
1 Equal Pay 4.0 (2022), unter: https://www.equalpayday.de/wp-content/uploads/2022/02/EPD-Journal-2022.pdf, (S.3) [Stand: 07.03.2022]
2 Unconscious Bias, Stereotype und Vorurteile (2014), unter: https://www.anti-bias.eu/wissen/definitionen/unconsciousbias-definition/ [Stand: 07.03.2022]